Kategorie-Archiv: Termine

Weltgeschehen für fünf Brennpunkte… #occupygezi #prism

Zur Zeit ist so wahnsinnig viel los, dass ich gar nicht weiß, was ich als erstes nennen soll. Besonders akut und erschreckend sind die gewalttätigen Reaktionen auf die Proteste in Istanbul. Es gab zumindest einen Brennpunkt vor dem Tatort und immer wieder Medienaufmerksamkeit, aber das reicht natürlich nicht, um auch nur annähernd zu verstehen, was vor Ort passiert. Zum Glück gibt es dieses bedrohliche Internet, mit unzähligen Tweets, Bilder und Videos.

Teilen wollte ich mit Euch jedenfalls den Metrolaut-Podcast. Die beiden Podcaster Kalle Kornblum und John F. Nebel sind nach Istanbul gereist und machen die Geschehnisse mit ihren Berichten sehr viel nachvollziehbarer. Danke dafür! In der Vorbereitung haben sie schon einiges Material, lesenswerte Dossiers und beeindruckende Bilder zusammengetragen. Bisher gibt es vier Podcasts, die ihr hier findet: Taksim FreitagnachtGezi-Park SamstagmittagAngriff auf den Gezi-ParkTränengas und Demos überall

Alle Beiträge werden wohl auch noch mit dem Tag Istanbul-Spezial versehen. Den beiden könnt ihr unter Metronaut folgen. Zusätzlich empfehle ich sehr, Linuzifer und Zeynep Tufekci zu folgen. Zeyneps Artikel vom Anfang der Proteste hatte ich auch schon vor zwei Wochen getwittert. Außerdem hat sie noch “What do #occupygezi Protesters Want? My Observations from Gezi Park” veröffentlicht. Noch eine Audio-Empfehlung: Anne Roth hat ein Interview mit Protestierenden veröffentlicht: “We don’t want them to decide how we live” – Interview with Radyo Gezi

Hier noch ein Video aus dem Park – etwas heile Welt zwischen all den krassen Bilden:

 

In other News:

PRISM, die NSA-Leaks und die umfassende Überwachung der USA bleibt weiter im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Jetzt hat der Guardian den nächsten Skandal veröffentlicht: Während des G20-Treffens in London im Jahr 2009 wurden umfangreiche Daten der TeilnehmerInnen ausgespäht. Und zwar nicht etwa “nur” die der AktivistInnen und Protestierenden – sondern von den ausländischen Regierungsvertretern. Wenn das mal nicht hoffentlich endlich zu Protest und diplomatischen Reaktionen führt… Das Timing könnte jedenfalls nicht besser sein, denn genau am Montag wird Großbritannien den 39. G8-Gipfel ausrichten.

Einige der Maßnahmen waren:

  • Setting up internet cafes where they used an email interception programme and key-logging software to spy on delegates’ use of computers;
  • Penetrating the security on delegates’ BlackBerrys to monitor their email messages and phone calls;
  • Supplying 45 analysts with a live round-the-clock summary of who was phoning who at the summit;
  • Targeting the Turkish finance minister and possibly 15 others in his party;
  • Receiving reports from an NSA attempt to eavesdrop on the Russian leader, Dmitry Medvedev, as his phone calls passed through satellite links to Moscow.

weiterlesen…

Noch eine andere Sache:

PRISM wird auch das maßgebliche Thema der medialen Begleitung des Besuchs von Obama am Dienstag in Berlin und seiner Rede am Brandenburger Tor sein. Dafür ist zum Beispiel eine Kundgebung sowie eine Demo am Vorabend (PDF) geplant – und alle sind herzlich eingeladen, mitzumachen:

Und um Obama zu zeigen, wie doppelplusgut wir es finden, dass er weltweit Internetnutzer ausspionieren lässt, veranstalten wir am Dienstag, den 18. Juni um 13 Uhr eine kleine Kundgebung am Checkpoint Charliein Berlin (U6 Kochstraße/U2 Mohrenstraße).

 

ObloneUnter dem Motto “Yes, we scan” wollen wir dem US-Geheimdienst NSA dabei helfen, möglichst viele Daten unbescholtener Passanten zu erheben. Bringt alle Euer Überwachungsequipment mit (Mikrofone, Kopfhörer, Kameras etc), und natürlich ist auch Geheimagentenverkleidung gerne gesehen! Werdet erfinderisch, damit wir noch besser in die Privatsphäre unserer Mitbürger schnüffeln können als die Profis aus den USA!

Webvideopreis 2013: YEAH, OMG & FAIL! [mit Updates]

Die Location des Deutschen Webvideo Preises: Das Capitol in Düsseldorf

Das Capitol in Düsseldorf

Ich war an diesem Wochenende in Düsseldorf, wo die European Web Video Academy den Deutschen Webvideopreis verliehen hat. Es sollte also die ganze Bandbreite der Webvideos im deutschsprachigen Raum zu sehen geben – und die Besten™ sollten einen Preis mit nach Hause nehmen können. So weit, so gut.

YEAH!

Umrahmt wurde das ganze von einem Barcamp, einem Fantreffen mit den “Youtube-Stars”, der Aftershow-Party mit gemeinschaftlichen Fußballschauen und dem Katerfrühstück mit Nominierten & PreisträgerInnen – runde Sache!
[Update: @mrtopf hat einen guten Rückblick auf das Videocamp veröffentlicht.]

Viele Aspekte der Show und des Webvideopreis-Konzeptes sind super gelaufen und haben mir gut gefallen – die 3D-Animation des Logos, die Videos, die Gala-Location Kapitol-Theater. Besonders schönes Detail für die besonders junge Zielgruppe: die Teilnahme war komplett kostenfrei (wobei ich mir sicher bin, dass ein Teil der Besucher sehr wohl fähig & willens gewesen wären, Eintritt zu zahlen).

Ich habe tolle Menschen kennengelernt, unter anderem den Opernsänger August Schram, der mit seiner großartigen Inszenierung den Preis in der Kategorie “EPIC” gewonnen hat – und der hoffentlich dann auch zur #rp14 kommt. [Update: Von ihm gibt’s jetzt auch einen Blogpost.]

Soul Soda – war zunächst exklusiv beim Webvideopreis zu bekommen.

Soul Soda – exklusiv für den Webvideopreis

Außerdem Entdeckung des Abends: Soul Soda, die neue Hackerbrause mit Minzgeschmack wurde beim Webvideopreis zum ersten Mal am Publikum getestet und ist bei mir so gut angekommen, dass ich von den Erfindern direkt noch 2 Flaschen für hackerbrause.org bekommen habe. Ich mag Minze sehr, aber die LimoEnergydrink könnte vielleicht noch ein wenig zitroniger oder etwas weniger süß sein – ich würde da gern Variationen durchtesten… Ist jedenfalls eine schöne Abwechslung unter den koffeinhaltigen Getränken, die man gut mit Alkohol mixen kann.

[Update: Es sind übrigens 32mg Koffein auf 100ml, also so viel wie bei Energydrinks. Außerdem hab ich mal nachfragt: Sobald sie neue Flaschen abgefüllt haben, kommen die Jungs damit nach Berlin und wir können eine Verkostung in der c-base machen… Dauert aber noch ein paar Wochen.]

Kuration – OMG!

Die Preisträger wurden – wie bei jeder Preisverleihung – schon ausreichend abgehandelt: gute Zusammenfassungen bieten Eike Kühl im Netzfilmblog von Zeit Online und Daniel Fiene (den ich endlich mal kennenlernen konnte) im Hyperland-Blog des ZDF. Daher gleich zu meinem Hauptinteresse: Auswahl der Nominierungen & Preisträger sowie die Dramaturgie der Veranstaltung:

Klar: das Championsleague-Finale hat den Veranstaltern einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie haben die Entscheidung getroffen, die Gala in nur 90 Minuten über die Bühne zu bringen, damit im Anschluss alle rechtzitig zum Anpfiff in der Location der Aftershowparty sein konnten, hatten wenig Zeit für Rahmenprogramm und es gab auch keine Pause. Mehr von der angekündigten Publikumsinteraktion und ein wenig ausführlichere und engagiertere Laudationes hätte ich mir trotzdem gewünscht (und nein, nicht so wie Cerno Jobatey…). Kleine Elemente, wie die Jury zu Beginn auf die Bühne zu holen, und das Organisationsteam zum Schluss, hätten auch viel für den Charme der Veranstaltung getan. Aber vielleicht ist meine Aufmerksamkeitsspanne auch einfach zu groß… In einer idealen Welt hätten wir also das Spiel einfach im Kapitol gesehen & dort dann auch die Abschlussparty gehabt. Aber hätte, hätte…

Kurz zum Konzept: Der Webvideopreis wurde in 13 Kategorien verliehen, die größtenteils Namen wie LOL, Cute, FYI, OMG oder Epic trugen. Jeder durfte Videos einreichen und dann auch die bestenmeistgeschauten Videos durch “Sharen” in Sozialen Netzwerken abstimmen. Die Verbreitung im Netz floss mit 50% in die Bewertung ein, die andere Hälfte bestimmte die Jury der Academy. Insgesamt wurden 4.000 Videos eingereicht – von denen dann über 60 in die engere Wertung kamen. Ein wahres OMG!

Das ist natürlich eine wahnsinnige Arbeit und die höchstmögliche Einbeziehung der Community ist sehr wichtig für den Preis – aber ein paar Dinge würde ich trotzdem anders machen:

Die Kategorisierung sollte die Jury vornehmen, denn sie kennen am Ende wirklich alle Nominierten und können sie sinnvoller clustern. Denn was in der Kategorie “CUTE” noch relativ einfach ist, ist bei Kategorien wie FYI oder OMG ziemlich schräg gelaufen: Lustige Klavierstunden in Konkurrenz zu hochpolitischen Formaten, eine Orchesteraufführung direkt in Konkurrenz zu einem Video zum Thema Kindesmissbrauch…

Außerdem könnte es sinnvoll sein, weitere bzw, andere Kategorien zu bilden: die einzelnen Amateurvideos sind zwischen den professionellerem Produktionen etwas untergegangen – und sehr aufwändig produzierte Filme und einfache Vlogs sind auch schwierig zu vergleichen.… Genauso sind die Newsformate bei FYI etwas rausgefallen.

Und schließlich: Gibt es denn keine tollen Frauen, die Videos machen? Oder mehr Gruppen, bei denen Frauen dabei sind? Oder um es mit den Worten von Tanja Haeusler zu sagen:

In all diesen Aspekten kann man weniger der Masse vertrauen – eine stärkere Leitung und Hervorhebung durch die Academy würde aus meiner Sicht positiv wirken.

FAIL

Unschön fand ich die Kategorie FAIL – gerade die zwei Einzelpersonen unter den Nominierten wurden vorgeführt und ausgelacht. Sie haben es wenigstens versucht und haben etwas für sie völlig Neues ausprobiert… Für einen Negativpreis nicht ideal.

FAZIT

Hierfür hat Eike Kühl in der bereits verlinkten lesenswerten Zusammenfassung bereits gute Worte gefunden. Er wünscht sich einhergehend mit der erreichten Professionalisierung der Veranstaltung, “[e]twas mehr des Esprits, den die jungen Macher vor Beginn der Gala an den Tag legten, hätte auch der eigentlichen Verleihung gut getan.” und meint:

“Am Ende bleibt der Eindruck dass der Deutsche Webvideopreis gemeinsam mit der Szene aufgewachsen ist und sich in Sachen Gästezahl, Umsetzung und Anspruch mit den anderen großen deutschen Medienpreisen messen kann. Das ist erfreulich für die deutschen Webvideo-Macher, die inzwischen eine Veranstaltung haben, die sie verdienen. Auf der anderen Seite aber wollte sie eigentlich genau das nie sein: eine gewöhnlich Szene mit einer gewöhnlichen Preisverleihung.”

Auf der anderen Seite: Erwachsen werden ist nicht einfach – und besonders viele innovative Konzepte für Preisverleihungen sind zumindest mir nicht bekannt. Vielleicht muss solch eine Gala also auch einfach “gewöhnlich” sein, damit auch die Bunte berichtet. Und aufregend sind die Webvideos ja selbst schon genug.

Ich fand es jedenfalls sehr spannend und wichtig dabei zu sein und so vielen tollen Leuten Hallo zu sagen. BTW: Zum Theme “‘Netzgemeinde’ und ‘Generation Youtube’ beschnuppern sich” hab ich grad den Blogpost von Michaela Brandl gelesen und kann die Erfahrung in vielen Punkten nachvollziehen & bestätigen. Es gibt auf jeden Fall noch eine Barriere, und Leute beschnuppern sich eher, als dass sie sich unkompliziert kennenlernen.

Danke an alle, die diesen Abend so schön gemacht haben, ganz besonderen Dank an @videopunk für die Einladung! Und Glückwunsch an alle Gewinner & Nominierten! Und falls jemand noch nicht alle ausgezeichneten Videos gesehen hat: Daniel Fiene hat sie drüben im Hyperland-Blog zusammengestellt.

Alle GewinnerInnen des Deutschen Webvideopreises 2013

Alle GewinnerInnen des Deutschen Webvideopreises 2013

Energize, Polarize, Mobilize!

…so das Motto der dreieinhalb-tägigen Workshopp-Konferenz mit 40 Aktivisten aus aller Welt, die am Wochenende in der Heinrich-Böll-Siftung stattfand.

Die Zusammenfassung des öffentlichen Teils der Konferenz am Freitag hat Stefan Krempl bereits auf heise online erledigt (1, 2). Zudem gab es am Freitag einen Livestream und die Panel kann man bereits auf Soundcloud nachhören. Bald wird es dann auf boell.de auch Videomitschnitte der Panels geben, damit alle, die nicht dabei sein konnte, noch mal reinschauen können.

Am Samstag begannen dann die Workshops und Trainings für die eingeladenen Aktivisten.
Eines der vielen Highlights und sehr bewegend für viele TeilnehmerInnen war der Workshop zum dokumentarischen Theater am Samstag Abend. Zunächst gab Christian Römer, Referent für Kulturpolitik und neue Medien bei der Stiftung, der die Konferenz maßgeblich mitgestaltet hat, eine Einführung in das Themenfeld mit Beispielen dokumentarischer Aufführungen wie die “Pussy Right” und “Das Ende der SED – Die letzten Tage des Zentralkomitees“. Danach hat die Bühne für Menschenrechte uns einen Ausschnitt ihrer “Asyl-Monologe” aufgeführt. Das Netzwerk führt diese Monologe überall in Deutschland auf, im April auch wieder in Berlin. Schaut es euch an!

Zum Abschluss am Sonntag Abend wurde in einer kurzen Feedback-Runde klar: die AktivistInnen und noch einige Leute mehr (es gab z.B. noch keine VertreterInnen aus Süd-Amerika) sollten unbedingt wieder zusammenkommen. Wir möchten uns weiter vernetzen, Kampagnen austauschen, geschmiedete Pläne weiterverfolgen und v.a. weiter viel voneinander lernen.

Besonders großartig an der Workshop-Konferenz finde ich die Verbindung zwischen Politik und Kunst, die sich durch die gesamten 3,5 Tage zog. Stimmtrainging als Aufwachprogramm am Freitag Vormittag, Poetry-Slam zum Abschluss am Freitag, die ungewöhnliche Location für das Kennenlern-Dinner am Donnerstag Abend (Mindpirates, in die ich auf jeden Fall noch mal besuchen werde), ein kleines Konzert zum Abschluss am Sonntag usw. Dies spiegelte sich auch in der Auswahl der eingeladenen AktivistInnen wider, die verschiedene Mittel nutzen, um ihre Anliegen zu Gehör zu bringen: Kunst, Musik, bunte Kampagnen, Visualisierungen, Sozial Media etc.

Dass TeilnehmerInnen aus den drei Themenbereichen Meinungsfreiheit, digitale Menschenrechte und Gender Democracy dabei waren, machte den Austausch ebenfalls besonders wertvoll. Es war sehr wichtig ins Bewusstsein zu rufen, dass all unsere Themen zusammenhängen und für alle relevant sind.

Oder wie @herrurbach sagt:

Habe nach dieser Konferenz zum ersten Mal eine Ahnung von intersektionaler Netzpolitik #mobilize

(Aber diese ganzen Fragen sind noch mal ein Thema für einen eigenen Blogpost.)